[Kein Kind ist falsch - Buchvorstellung] "Über die Grenze" - Maja Lunde

Mittwoch, 26. August 2020

Guten Morgen, ihr Lieben!
Heute setze ich meine Buchvorstellungsreihe "Kein Kind ist falsch" fort und berichte euch hier über einen Kinderroman zum Thema "Flucht" aus einer anderen Perspektive als bisher...

Norwegen unter deutscher Besatzung 1942. Zwei jüdische Kinder müssen über die Grenze nach Schweden, wo ihr Vater wartet. Doch die erwachsenen Helfer werden verhaftet, und zwei norwegische Kinder springen ein … 
Gerda ist zehn und hat gerade »Die drei Musketiere« gelesen. Naiv, abenteuerlustig und ausgestattet mit einem hitzigen Temperament, beschließt sie, Sarah und Daniel auf ihrer Flucht zu helfen. Ihr ängstlicher Bruder Otto geht zögernd mit. Es wird für die vier Kinder ein Abenteuer auf Leben und Tod. (Quelle: Verlag)

Erscheinungsjahr: 2019
Format: Hardcover
Seiten: 192
Genre: Kinderroman
Verlag: Urachhaus
Empfohlen ab 9 Jahren.


Wenn wir über Maja Lunde sprechen, haben wir meistens ihre Bestseller "Die Geschichte der Bienen" oder "Die Geschichte des Wassers" im Kopf. Dass sie jedoch schon vor der Veröffentlichung dieser Erwachsenenromane eine in Norwegen sehr geschätzte Kinderbuchautorin war, wissen viele nicht - mich eingeschlossen.
Und nun geht es in diesem Beitrag um eines ihrer Kinderbücher.

"Über die Grenze" erzählt von einer abenteuerlichen Flucht von vier Kindern quer durch Norwegen, um vor den deutschen Nazis und ihren norwegischen Gefolgsleuten im Nachbarland Schweden in Sicherheit zu gelangen. Dabei begegnen sie wohlgesinnten, aber auch gefährlichen Menschen wachsen Tag für Tag erneut über sich hinaus. 
Spannend ist die Sichtweise: Erzählt wird aus der Perspektive von Gerda, welche (anders als in den Büchern, die ich bisher zum Thema des zweiten Weltkrieges gelesen habe) nicht die verfolgte Figur der Geschichte ist. Zumindest vorerst nicht. 

Gerda ist 10 Jahre alt und wäre eigentlich lieber einer der drei Musketiere statt die jüngste Tochter einer Arztfamilie. Sie versteht überhaupt nicht, warum sie als Mädchen immer häufiger anders behandelt wird als ihr Bruder Otto, der sowieso nur Landkarten liest und langweilig ist. Sehr authentisch schreibt Maja Lunde über das langsame Ende der Kindheit und den Eintritt in die Pubertät, aber auch darüber, wie Kinder ihre Fassung bewahren und schwierige oder außergewöhnliche Lebenssituationen meistern. 

Für mich war dieses Buch eine große Bereicherung, da von der Beziehung Norwegens zu Deutschland im zweiten Weltkrieg zumindest in meiner Schule kaum etwas gelehrt wurde und mir diese Thematik daher weitestgehend unbekannt war. Wie stark auch in Norwegen Juden und Regimegegner verfolgt wurden, wird mit "Über die Grenze" deutlich, ohne über die Kinderliteratur hinaus in "Erwachsenenthematiken" abzuschweifen. Mit der Einnahme von Gerdas Perspektive bleiben Nachrichten über den Krieg oder die Politik mehr oder weniger unsichtbar, ABER Maja Lunde schafft viele Situationen, in die durchaus mehr hineininterpretiert werden kann. Aus diesem Grund finde ich den Kinderroman sehr geeignet für den Schulunterricht - er bietet zahlreichen Gesprächsstoff und kann durch die Thematik auch fächerübergreifend gelesen und diskutiert werden. 

"Über die Grenze" ist meines Erachtens ein Buch, das Kinder und Jugendliche jedes Geschlechts lesen können, da zumindest mit den Hauptfiguren alten Rollenbildern abgeschworen wird und das Hauptproblem - die abenteuerliche Flucht - selbst für mich als erwachsene Leserin sehr spannend zu lesen war.
Ich bin allerdings der Meinung, dass eine Grundlage an geschichtlichem Wissen bei den Leser:innen vorhanden sein muss, um die Handlung und die Beweggründe einzelner Protagonisten verstehen zu können.

Bewertung



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