Jahreshighlight! "Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland" - Sarah Brooks

Donnerstag, 27. Februar 2025

»Es heißt, diese Reise habe ihren Preis. Einen Preis, der über die Kosten des Tickets hinausgeht.«

Es ist das Ende des 19. Jahrhunderts, und nichts fasziniert die Menschen so sehr wie die geheimnisvollen und angsteinflößenden Wunder des Ödlands. Nichts berührt diese riesige, verlassene Wildnis zwischen China und Russland außer dem Transsibirien-Express, der jeden befördert, der es wagt, das Ödland zu durchqueren. Es gibt jedoch Gerüchte, dass der Zug nicht mehr sicher ist. Wer sich nun auf diese Reise begibt, hat seine ganz eigenen, verborgenen Gründe dafür: eine trauernde Frau mit fremdem Namen, ein Kind, das im Zug geboren wurde, und ein in Ungnade gefallener Naturforscher. Doch mehr und mehr scheint es, als würden die Gefahren des Ödlands ihren Weg ins Innere finden … (Quelle: Verlag)

Dieser Roman ist für mich definitiv ein Jahreshighlight geworden. Schon vor einiger Zeit wurde ich auf das wunderschöne Cover aufmerksam, da hat allerdings noch die Vernunft gesiegt (und der Gedanke an meinen SuB...). In den letzten Tagen jedoch habe ich das Buch verschlungen. Anfangs war ich "einfach" nur erfrischt von dem gewählten Sprachstil, etwas eingestaubt, aber auf angenehme Art - eine gute Abwechslung nach den New-Adult- und Fantasyromanen, die ich in letzter Zeit gelesen habe und welche sich sprachlich nicht besonders von der breiten Masse abheben. Sarah Brooks Roman lässt sich nicht in ein bestimmtes Genre einordnen. Als ich das in anderen Rezensionen las, war ich skeptisch, doch jetzt bin ich überzeugt, dass genau das den Charme des Buches ausmacht. 
Wir begleiten als Leser drei Figuren auf eine Reise mit dem Transsibirien-Express im Jahr 1899. Maria Petrowna, unter falschem Namen unterwegs, Dr. Grey und Weiwei, das Zugkind, werden abwechselnd in der Erzählung begleitet, anfangs liest es sich wie ein Reise- oder Abenteuerroman, doch irgendwann verschwimmt die Grenze zur Fantasie... Es heißt, Reisende werden hin und wieder vom Ödlandweh gepackt und beginnen, zu fantasieren, werden eine Gefahr für sich selbst und alle anderen. Das gilt es unter allen Umständen zu vermeiden. Nach und nach geschehen immer mehr seltsame Dinge, Berater der Transsibirien-Kompanie erzeugen den Eindruck, als wollen sie etwas verbergen und zwischendrin taucht eine blinde Passagierin auf, deren Rolle im Ganzen zunächst nicht klar ist...

Die Atmosphäre hat mich auf den ersten Seiten bereits mitgerissen. Sarah Brooks schafft es, eine düstere, bedrohliche Stimmung mit ihren Worten herzustellen, ohne, dass man als Leser die Gefahr genau orten kann. Man könnte meinen, in einem Abenteuerroman geht es in erster Linie um die Neugier nach dem Neuen, Unbekannten. Hier scheint von Beginn an eine nicht greifbare Angst vor dem "Draußen" zu herrschen, die mich fasziniert hat. Man weiß nicht, woher die Bedrohung kommt, und nichts fühlt sich wirklich "real" an. Das Setting hat mich sehr an "Mord im Orient-Express" erinnert, irgendwie skurril. 
Ich war beim Lesen wirklich richtig mitgenommen. Die offensichtlichen Dinge, die verschleiert, als Spinnereien dargestellt werden, habe ich hin und wieder auch nicht glauben wollen, bis zur letzten Seite habe ich überlegt: Und was, wenn das doch alles nur Einbildung war? 
Die Geschichte wurde unerwartet märchenhaft, fantastisch, aber es hat genau gepasst; ich konnte das Buch einfach nicht mehr weglegen. Es lässt mich nachdenklich, zweifelnd und etwas verzaubert zurück und mit der Hoffnung, dass diese Erfahrung noch viele weiteren Leser*innen machen können.
Ich freue mich jetzt schon auf das Re-Read!


Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
Sarah Brooks
2024
416 S., Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

5 Kommentare

  1. Schönen guten Morgen!

    Da bist du ja recht früh dran mit deinem Jahreshighlight im Februar :D Ich hoffe, dass noch einige Bücher kommen werden, die dich ebenso begeistern!
    Neugierig gemacht hast du mich jetzt auf jeden Fall. Mich hat das Buch durch das Cover ebenfalls angesprochen, hab es dann aber wieder aus den Augen verloren. Ich hab es mir jetzt jedenfalls erstmal auf die Wunschliste gepackt.

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Liebe Aleshanee,
      nachdem ich im kompletten letzten Jahr kein einziges Highlight gefunden habe, ist es in meinen Augen berechtigt, nun schon im Februar eines entdeckt zu haben :D Ich muss sagen, allein die Gestaltung des Buches ist wunderschön. Nicht nur der Schutzumschlag, sondern auch der Einband an sich macht was her und es liest sich einfach schön. Aber man muss sich schon sehr darauf einlassen, dass eben nicht auf jeder zweiten Seite die Spannung angehoben wird. Das Potenzial liegt vor allem in der Atmosphäre. :-)
      Ich bin gespannt, wie deine Meinung dazu ist, wenn du es liest!
      Liebe Grüße,
      Isa

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    2. Oh, kein einziges Highlight am ganzen letzten Jahr? Das ist ja schon etwas traurig!
      Ein Highlight natürlich - ich hab mich nur über "Jahreshighlight" gewundert, so betitele ich Bücher am Ende des Jahres, wenn ein oder mehrere noch besonders aus den Highlights herausstechen ;) Da haben wir einfach nur eine unterschiedliche Definition :D

      Die Gestaltung mag ich hier wirklich auch sehr und ich freu mich, dass es dich so begeistern konnte <3

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  2. Hallo Isa,
    dieses Buch sagte mir noch so gar nichts. Und ich muss auch sagen, dass ich etwas skeptisch war, ob das eine Geschichte für mich sein könnte. Sie trägt einiges an Potenzial in sich, könnte aber auch sehr ruhig verlaufen. Dass du nun so begeistert warst und das Buch regelrecht verschlungen hast, macht neugierig und für interessante Fantasygeschichten bin ich immer zu haben. Setze ich mal auf die Merkliste.

    Vielen Dank für diese äußerst interessante Buchvorstellung <3

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Liebe Tanja,
      dass in dem Roman Fantasyelemente enthalten sind, wird auch gar nicht aus dem Klappentext klar, das hatte ich selbst vor dem Lesen nur aus einer anderen Rezension erfahren. Umso spannender fand ich es, als es dann so fantastisch wurde. Ich glaube, man muss sich sehr auf die Geschichte und die Protagonisten einlassen, um den Charme zu entdecken, da es schon lange eher eine ruhige Handlung ist. Mir persönlich hat es gefallen, weil es so erholsam war, wie z.B. nach dem schärfsten Actionfilm mit schnellen Cuts dann einen Arthouse-Film zu schauen.
      Vielleicht wagst du es ja!

      Liebe Grüße,
      Isa

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